Fesselnde Komplizenschaft: ein Workshop-Erfahrungsbericht

Fesselnde Komplizenschaft: ein Workshop-Erfahrungsbericht

Boutique Bizarre 0 likes 2379 views

Seit vielen Jahren finden in der Boutique Bizarre u.a. Bondage-Workshops statt. Und seit ungefähr ebenso vielen Jahren wollte ich einen davon besuchen. Um mal zu sehen, wie der Fessel-Profi Matthias T.J. Grimme das alles so macht und um meinen – bisher nahezu seilfreien – Horizont zu erweitern. Denn ein Geständnis muss ich wohl vorausschicken: mein Bild von Bondage hatte bisher recht viel mit selig-verklärtem Knotenknüpfen zu tun, während Sub sich in der Zwischenzeit doch auch locker mal eben ein Schnitzel herausbraten könnte. Fesselungen waren in meinem Erfahrungsschatz vorwiegend schnell, funktional und eher unromantisch angesiedelt.

Doch nun hatten wir es nach all den Jahren tatsächlich terminlich gepackt: der Liebste und ich waren verbindlich angemeldet. Er aus echtem, aktiven Interesse am perfekten Knoten, ich aus Neugier und dem festen Vorsatz, einfach mal schön brav still zu halten. Vielleicht würden wir ja spannendes Neuland betreten. Gebucht war ein 3-stündiger Abend-Work-Shop mitten unter der Woche, mit dem verheißungsvollen Titel „Bondage für Bett und Schlafzimmer – mit Positionen in denen man gut Sex haben kann“. Fesseln und Ficken, da kann ja schonmal nichts schiefgehen, dann also los.

Was mich überhaupt nicht überraschte, war die lockere, sympathische Art mit der Matthias und seine Partnerin Nicole diesen Abend leiteten. Unkompliziert und souverän, das ist eine gute Mischung, um sowohl erfahrenen BDSMern, als auch interessierten Neueinsteigern eine gute Basis fürs Thema zu vermitteln.
Zwei Situationen schafften es allerdings gleich zu Beginn, das Interesse der anwesenden fünf Paare einen Kick mehr zu entfachen. Als sich Nicole, ebenso unerwartet wie unaufgeregt, ihres Shirts entledigte und mit wirklich unglaublich schönen, großen Brüsten vor uns saß, atmeten vor allem die Herren hörbar tief ein. Die Frauen taten dies, als die erste Seil-Demonstration der beiden bedeutend mehr intime Power und Machtgefälle zeigte, als die eigene Phantasie vermutlich vorgegeben hätte.

Mit neun Meter Hanfseil, einem einzigen Grundknoten, sowie Zug, Gegenzug und der richtigen Einstellung „gekonnt zuzupacken“ (und „loszulassen“) lässt es sich durchaus markant toppen. Aber Hallo! Schön anzusehen, schön nachzuspüren, Message angekommen, jetzt lag erhöhte Spannung im Raum.


Dass die Beiden seit 17 Jahren ein lachendes, liebendes und perfekt eingespieltes Fesselpaar sind und ebenso lange gemeinsame Workshops anbieten, brachte einem als Teilnehmer tatsächlich viel. Im kurzen Theorie-Teil ebenso, wie im Praxis-Teil zum Mit- und Nachmachen, der den Schwerpunkt des Abends bildete. Spannend und absolut nicht unerheblich hierbei: die Informationen, die Nicole aus der Erfahrung der „Passiven“ einbringt. Dass sie längst auch aktiv über alle Tricks und Kniffe verfügt, steht außer Frage. Aber dass sie eben auch körperliche und emotionale Seiten des Gefesseltwerdens vermitteln kann, macht das Paket rund.

Und so knüpfen wir uns also einen Abend lang durch verschiedene Positionen und lernen dass solch eine Körper-Bondage gerade mal einen einzigen perfekten Knoten benötigt und der Rest ausnahmslos gewickelt ist. Gewusst wie – vor allem auch vom „Notausstieg“, der es ermöglicht, zu jedem Zeitpunkt alles mit einem Griff wieder zu lockern oder aufzulösen.

„Zum Fesseln braucht man kein Opfer, sondern vielmehr einen guten Komplizen“, formuliert Matthias lächelnd und dass er Recht damit hat, wird uns selbst in jeder Minute klarer, in der die Aktiven ihre Wickelungen perfektionieren, man selbst gefesselt einfach mal zur Ruhe kommt und dabei überraschender Weise so gar nicht passiv ist.
„Schaut nicht auf eure Hände, die wissen längst was sie tun müssen. Schaut euch lieber beim Fesseln in die Augen“ – das ist mehr als ein Grimme-Tipp, das ist das Herz von Bondage und das hat mich doch tatsächlich erreicht. War wohl nichts mit Schnitzel und Pfanne und irgendwas dazwischen.
Dafür bin ich überrascht, dass eine stramme Seilfesselung sich ganz anders anfühlt, als gedacht. Besser. Intensiver. Haltender. Klarer. Dass diese auch wirklich etwas mit dem Liebsten und mir macht. Und dass das alles wenig mit „Herumstehen und Abwarten“, sondern mit „Einlassen und sich verbinden“ zu tun hat.

Als mir bei einer Position plötzlich die rechte Schulter schmerzhaft entgegen spielt, weil ich dummerweise keine zarten 25 mehr bin, zeigt sich dabei kaum als Problem. Auch  dafür haben Matthias und Nicole ein paar passende Tipps, die sich wirkungsvoll umsetzen lassen, ohne dass das schöne Ganze dabei flöten geht. Überhaupt war das gesamte Setting im Seminarraum der Boutique Bizarre locker und unverkrampft, sämtliche Fragen hatten Platz, alle Paare waren angenehm. Eigentlich hat man kaum etwas miteinander zu tun, aber man lächelt sich eben mitten im Gefesseltwerden mal zu, macht einen Scherz, tauscht sich ein wenig aus.
Logischerweise wurde beim Trockentraining nur gefesselt, nicht gefickt. Und es lagen auch nur Nicoles Brüste bei einigen Seil-Demonstrationen frei, wobei ich keine Sekunde dieses Anblicks missen möchte, – wir Teilnehmerinnen blieben komplett angezogen. Dies sei vorsorglich erwähnt, nicht dass sich jemand dort draußen falsche Vorstellungen macht.

Unterm Strich vergingen die drei Stunden unheimlich schnell, wir waren gerade mal warmgelaufen und hätten noch gut und gerne weitermachen können. Viel gelernt haben wir. Über Technik und Knoten, über das Herz von Bondage, darüber, dass wir es fühlen können und es viel Raum für Oben und Unten bietet. Viel mehr als gedacht. Und ich glaube fast, wir haben durchaus Blut geleckt. Wer weiß? Vielleicht wagen wir uns mal an einen der großen 3-Tage-Workshops, die Matthias und Nicole anbieten. Das sind Intensiv-Workshops rund um Japanische, also auch „hängende“ Bondage. Die Teilnehmer, die dafür oft deutschlandweit anreisen, sind immer sehr begeistert davon.

Vielleicht gönnen wir uns auch mal einen solchen Kurs. Gefesselt den Boden zu verlassen und  im wahrsten Sinne des Wortes „fliegen zu dürfen“, stelle ich mir sehr spannend vor. Und zum Glück sind wir – nicht nur darin – die besten Komplizen füreinander.


Workshops zu den Themen Bondage / Nadelspiele / Hauen-Painplay finden im Seminarraum der BOUTIQE BIZARRE statt, werden aber von Matthias Grimme angeboten. Wer Interesse oder Fragen hat, wende sich bitte direkt an ihn. Termine und Informationen dazu, findet man unter http://bondageproject.com/

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